Das Sokrates-Programm der Europäischen Union

Damit Schulen über Ländergrenzen hinweg an gemeinsam ausgewählten Projektthemen arbeiten können, hat die Europäische Union 1995 das Aktionsprogramm "Sokrates" für den Bildungsbereich aufgelegt. Zur Durchführung der Projekte treten Lehrer als Vermittler und Multiplikatoren über das Sokrates-Teilprogramm Comenius 1 (Schulpartnerschaften) mit Partnerschulen aus anderen europäischen Staaten in Kontakt.

Seit 1995 haben sich europaweit über 12.000 Schulen an diesem Programm beteiligt. Schüler und Lehrer haben mit viel Engagement interessante Projektergebnisse erstellt und für ihren Schulalltag und für ihr europäisches Verständnis neue Erfahrungen gewonnen.

Seit 1.1.2000 bis 31.12.2006 wird das Programm in seiner 2. Phase fortgeführt. Ziel bleibt es, möglichst viele Schulen für eine europäische Projektarbeit zu gewinnen - mit einer klassen- und fächerübergreifend hohen Beteiligung von Schülern. Finanzielle Förderung im Rahmen von Comenius 1 können Schulen aus allen 30 Teilnehmerstaaten erhalten (die 15 Staaten der EU, die 3 EFTA-Staaten und die 10 assoziierten Staaten.

Nationale Agentur für das Sokrates-Programm im Schulbereich ist der Pädagogische Austauschdienst (PAD) im Sekretariat der Kultusministerkonferenz. Der PAD ist zuständig für die Programmverwaltung, die Beratung von Antragstellern und die Durchführung von Veranstaltungen zur Information und Beratung über das Programm.

Johann Amos Comenius - Ein früher Europäer mit Weitblick

Johann Amos Comenius lebte von 1592 bis 1668. Er war ein Universalgelehrter: Pädagoge, Philosoph, Theologe und Politiker, dessen integratives, ganzheitliches Denken besonders bemerkenswert war.

Er war im 17. Jahrhundert eine herausragende Persönlichkeit der europäischen Wissenschaften, dessen Schriften weit verbreitet waren und sehr intensiv diskutiert und auch kritisiert wurden Darüber hinaus wandte er sich immer wieder an die Öffentlichkeit und nahm mit den politischen Repräsentanten Kontakt auf, um seine Ideen in die Wirklichkeit umzusetzen - wenn es um die Reform der Schule, deren Inhalte und Methoden, und das Recht auf Bildung, um die Überwindung religionspolitischer Konflikte zwischen. Christen und Moslems und schließlich um die Reform der internationalen Beziehungen durch die Schaffung internationaler Friedensinstitutionen ging.

Der Pädagoge Comenius forderte, Bildung allen, Jungen und Mädchen gleichermaßen, zugänglich zu machen. Sein Ideal einer ganzheitlichen Erziehung, die sowohl Natur- und Geisteswissenschaften als auch die musischen Fächer umfasst. Außerdem forderte er ein Curriculum zur Friedens- und 'Toleranzerziehung als Vorbereitung auf eine neue, soziale Weltordnung sowie ein lebenslangen Lernen zur Bewältigung sich ständig ändernder Lebensbedingungen.

Comenius, oftmals als Utopist angefeindet, sollte als "Bote des Friedens" erst sehr spät Beachtung und Anerkennung finden. Ohne Zweifel gehört er zu den geistigen Vätern der Gründung von Völkerbund (1918) und Vereinten Nationen (1945), den beiden ersten Weltorganisationen für den Frieden, sowie der UNESCO (1946), der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Offenbar ist es das Schicksal der sogenannten Utopisten von gestern, die Realisten von heute zu sein.

Comenius hat die Verwüstung seiner Heimat, den 30-jährigen Krieg und die Kriege zwischen Schweden und Polen miterlebt, die ihm persönlich viel Leid zugefügt haben. Er hat den Teufelskreis von blutigem Krieg, religiöser Intoleranz, politischer Verfolgung und Armut, Seuchen und Demoralisierung erkannt. Seine "Allgemeine Beratung über die Verbesserung der menschlichen Dinge" ist Ausdruck eines Versuches, Frieden mit friedlichen Mitteln zu erreichen als Voraussetzung für eine Gesellschaftsordnung, die nach weltweiter Beratung entsteht und von einer We1torganisation abgesichert wird.

In diesen schwierigen Zeiten am Beginn des 21. Jahrhunderts, wo die Gefahr eines "Kampfes der Zivilisationen" plötzlich größer erscheint als eines "Dialoges zwischen den Kulturen", erhalten die Schriften von Johann Amos Comenius höchste Aktualität. Dies gilt vor allem für seine Forderungen auf der Grundlage eines Friedensideals, das mit Reformen des Bildungswesens beginnt und zugleich Reformen der ganzen menschlichen Weltgesellschaft zum Ziele hat.

(nach: Prof. Dr. Klaus Hüfner, Präsident der Deutschen UNESCO-Kommission e.V., gekürzt)